26 Stockwerke über Riga – Rückschau auf unsere Reise der letzten 24 Stunden
Fahrt am 6. April 2009 von Vilnius nach Riga. Fahrt durch Moorlandschaften, vorbei an vereinzelten Holzhäusern, Birkenwäldern, Kiefern- und später Fichtenwäldern, kurzer Halt in der Theaterstadt Panevézys, in der der berühmte Regisseur Juozas Miltinis gewirkt hat. Halt an der Grenze zu Lettland wegen Passkontrolle durch litauische Behörden.
Unmittelbar nach der Grenze stellen wir eine deutliche Veränderung fest. Hier ist die wirtschaftliche Situation offensichtlich besser. Wir sehen gemauerte Häuser, neue Firmenansiedlungen entlang der Straße und dann die uns beeindruckende Ankunft in Riga. Wir staunen über das großstädtische Ambiente der Stadt, dichte hohe großflächige Verbauung. Anstatt der vielen Kirchtürme, wie in Vilnius, beherrschen weltliche Turmbauten das Stadtbild. Die Nähe des Meeres ist durch die breiten Flussarme spürbar. Wir kommen bei den ehemaligen Konstruktionshallen für Zeppelins – heute Markthallen – an.
Am nächsten Tag gleich in der Früh führt Inge den zweiten Teil ihres Projektes „Erden“ durch, im Park der Akademie der bildenden Künste, bei strahlendem Sonnenschein filmt Luise.
Anschließend ein Besuch einer Ausstellung der Abschlussarbeiten aller Studiengänge der Akademie: Malerei, Skulptur, Grafik, Design, Mode, Video, Fotografie, Textilkunst. Wir besuchen darüberhinaus die einzelnen Werkstätten und das Rektorat im neugotischen Backsteingebäude. Die Malerei erweist sich als die wichtigste Sparte der Akademie. Sajas Kristaps ist Prorektor und Professor für Malerei und stellt derzeit seine neuesten großformatigen Bilder in einer Galerie in der Altstadt aus.
Über die Freiheitsstatue gelangen wir in die Altstadt und finden die Black Magic Bar in Räumen des 18. Jahrhunderts mit köstlichem Tee und Kaffee, Schokoladen und Magie.
Wir fahren mit dem Lift auf den Turm der gotischen Petrikirche aus dem 13. Jhdt. und geniessen einen herrlichen Ausblick. „Wenn man auf den Turm fährt, kennt man erst Riga“, so eine Führerin in der Kirche. Erst von oben sieht man, dass Riga von Flüssen umspült ist, den Golf von Riga. Die Kirche wurde 1941 fast völlig zerstört und in 30-jähriger Bauzeit wieder restauriert.
Zurück am Platz mit dem Museum der Okkupation, ein schwarzer Block neben dem Schwarzhäupterhaus, dem Haus der mittelalterlichen Zünfte in der ehemaligen Hansestadt.
Anschließend sehen wir in der Ausstellung die großformatigen farbenprächtigen Bilder des Malers Sajas Kristaps, die entfernt an Matisse und Bonnard erinnern und dennoch eine zeitgemäße eigenständige Sprache mit lettischer Identität haben.
Wir gehen durch den Kronwallpark an mehreren Gedenksteinen und Skulpturen vorbei, die an die Toten von 1991 erinnern, wo die baltischen Länder ihre Unabhängigkeit errrungen haben. Kameramänner und Journalisten wurden bei friedlichen Demonstrationen getötet. Die Erinnerung ist lebendig – frische Blumen schmücken die Gedenksteine.
Ein eigener Stadtteil ist im Jugendstil erbaut, es gibt über 800 Jugendstilgebäude in ganz Riga. Michail Eisenstein, Vater des berühmten Regisseurs Sergej Eisenstein (kommunistischer Revolutionsfilm „Panzerkreuzer Potemkin“) hat einen ganzen Straßenzug geprägt. Hier befindet sich das Botschaftsviertel. Man sieht viele reiche Menschen mit luxuriösen Autos, die hier zu wohnen scheinen.
Unseren Tagesbericht verfassen wir in der Skyline Bar, 26 Stockwerke über Riga, mit einem „Balsam“, einem lettischen Magenbitter mit 24 Kräutern. Riga hat uns überrascht, wir waren nicht vorbereitet auf die Dynamik, den weltstädtischen Eindruck und den Reichtum.
Offensichtlich ist der Geist der Geschichte der Hansestadt bis heute lebendig. Der „Homo Novus“ (Anslavs Eglitis) ist hier zu Hause.
Markttag in Riga
Fünf riesige ehemalige Zeppelin Hangars sind heute Weltkulturerbe und Markt für die Millionenstadt Riga. Es ist der Bauch von Riga – alles ist hier zu erwerben: beginnend von Obst und Gemüse, über Fisch und Fleisch, Unterwäsche, Lederwaren, Blumen, Schnüre, Töpfe und auch frische offene Milch und Käse. Hier ist das alltägliche Leben von Riga und der Überlebenskampf ungeschminkt sichtbar. Nach dem Marktbesuch verlassen wir Riga vom benachbarten Autobusbahnhof Richtung Tallinn.
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